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Kurzarbeit – in Krisenzeiten flexibel reagieren

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Auch wenn die Arbeitslosenzahlen trotz der Corona-Pandemie und des Ukrainekrieges immer noch auf einem historisch niedrigen Niveau sind, machen sich in einigen Branchen und Regionen die konjunkturelle Abschwächung und der Strukturwandel bemerkbar. In der Automobilindustrie schlagen die Absatzschwäche und die geplante Abkehr vom Verbrennungsmotor bereits auf die Beschäftigung durch. Der Baubranche machen die hohen Rohstoffpreise und das deutlich gestiegene Zinsniveau zu schaffen.

Kurzarbeit kann dabei für Arbeitgeber1 ein sehr gut geeignetes Mittel sein, um auf einen vorübergehenden Auslastungsrückgang im Unternehmen, sei es konjunkturell oder strukturell bedingt, zu reagieren. Dies hat die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2009 und 2010 eindrucksvoll gezeigt. Die damaligen Maßnahmen zur Erleichterung der Kurzarbeit bewahrten viele Arbeitgeber
davor, Fachkräfte auszustellen, die danach wieder dringend benötigt wurden.

Auch während der Corona-Pandemie, die bei vielen Unternehmen in Deutschland zu einem massiven Einbruch des Arbeitsbedarfs geführt hatte, konnte schnell und flexibel mit Kurzarbeit auf die krisenhafte Situation reagiert werden, was sich auch darin gezeigt hat, dass die Bundesregierung eine Vielzahl von Erleichterungen beim Zugang zum Kurzarbeitergeld – teilweise in rekordverdächtiger Zeit – gesetzlich umgesetzt hat. Die Erleichterungen beim Zugang zum „Corona-Kurzarbeitergeld“ sind zwar zwischenzeitlich ausgelaufen, so dass wieder die „normalen“ Regelungen gelten. Dennoch kann für viele Betriebe Kurzarbeit eine wichtige Unterstützung zum Erhalt von Arbeitsplätzen darstellen.

Eine gesetzliche Definition der Kurzarbeit existiert nicht. Von Kurzarbeit wird gesprochen, wenn die mit dem Arbeitnehmer vereinbarte regelmäßige wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit aus Gründen, die im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers liegen, vorübergehend verkürzt werden soll. Grundsätzlich stellt jede Verringerung einer fest vereinbarten Arbeitszeit Kurzarbeit dar. Bei der sog.
„Kurzarbeit Null“ wird die Arbeit sogar gänzlich aufgehoben.

Die finanziellen Einbußen der Arbeitnehmer durch die gleichzeitige Kürzung des Arbeitsentgelts können durch Kurzarbeitergeld teilweise aufgefangen werden. Da die vorübergehende Verringerung der Arbeitszeit eine Abweichung von den vereinbarten Bestimmungen des Arbeitsverhältnisses darstellt, kann Kurzarbeit nicht „einfach so“ durch den Arbeitgeber angeordnet werden, sondern bedarf einer wirksamen Rechtsgrundlage.

Arbeitsrechtliche Grundlagen zur Einführung von Kurzarbeit

Beschäftigungsanspruch und Betriebsrisikolehre

Der Arbeitgeber kann die vertraglich vereinbarte oder tarifliche Arbeitszeit nicht ohne Weiteres einseitig verkürzen. Dem stehen sowohl der arbeitsrechtliche Beschäftigungsanspruch, als auch das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers entgegen.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seinen Arbeitnehmer vertragsgemäß, also im vereinbarten Umfang, zu beschäftigen, wenn dieser es verlangt. Dieser Anspruch wird aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet.

Neben der Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer tatsächlich zu beschäftigen, spielt für die Frage einer Verkürzung der Arbeitszeit vor allem das sog. Betriebs- und Wirtschaftsrisiko eine erhebliche Rolle.

Will der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht annehmen bzw. kann er die Arbeitsleistung schuldhaft nicht annehmen oder trägt er das Risiko des Arbeitsausfalls (§ 615 Satz 3 BGB), behält der Arbeitnehmer trotzdem seinen Anspruch auf Arbeitsentgelt. Dabei spielt keine Rolle, ob die Arbeitsleitung aus betriebstechnischen Gründen unmöglich oder für den Arbeitgeber unzumutbar wird oder die Durchführung
des Arbeitsprozesses zwar als solches noch möglich, die Ausführung der Arbeit für das Unternehmen jedoch wirtschaftlich sinnlos wird.

Kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer z. B. wegen Auftragsmangels nicht beschäftigen, wird er nicht von seiner Gegenleistungspflicht befreit. Er hat vielmehr dem Arbeitnehmer das vereinbarte Entgelt zu bezahlen.

Beispiel:

Der Automobilhersteller A muss für zwei Arbeitstage die Produktion seiner Fahrzeuge einstellen, da er wegen eines Brandes im Werk seines Zulieferer Z von diesem keine Kupplungen geliefert bekommt.

Der Automobilhersteller schließt für zwei Tage seinen Betrieb. Die Arbeitnehmer werden nicht zur Arbeitsleistung herangezogen.

Da der Arbeitgeber das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko trägt, behalten die Arbeitnehmer an den beiden Tagen, an denen der Betrieb geschlossen bleibt, ihren Vergütungsanspruch, obwohl keine Arbeitsleistung erbracht wird.

Nicht zum Betriebsrisiko gehören allgemeine Gefahrenlagen wie Kriege, Unruhen und Terroranschläge. Überwiegend werden in der juristischen Literatur Epidemien nicht zu diesen Ausnahmen gezählt.

Rechtsgrundlagen zur Einführung der Kurzarbeit

Die Einführung einer Kurzarbeit bedarf daher einer gesonderten Rechtsgrundlage. Diese kann enthalten sein in

  • gesetzlichen Bestimmungen (für die Praxis selten relevant),
  • einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag,
  • einer Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und dessen Betriebsrat oder
  • in individualvertraglichen Absprachen.

Hinweis:

Das Weisungs- oder Direktionsrecht des Arbeitgebers, wonach dieser Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen näher bestimmen kann, rechtfertigt nicht die Einführung von Kurzarbeit.

Auch die Regelungen zum Kurzarbeitergeld in den §§ 95 ff. SGB III enthalten keine eigene Rechtsgrundlage zur Verkürzung der Arbeitszeit, sondern setzen vielmehr eine wirksame Rechtsgrundlage voraus.

Tarifliche Kurzarbeitsklauseln

Tarifverträge enthalten teilweise Regelungen zur Einführung von Kurzarbeit. Ob die Tarifvertragsparteien, also die Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, in ihren Tarifverträgen die Möglichkeit der Kurzarbeit vorsehen, bleibt diesen überlassen.

Die Gestaltung tariflicher Kurzarbeitsklauseln ist in der Praxis außerordentlich vielfältig. Es finden sich Regelungen, wonach der Arbeitgeber bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen einseitig oder im Zusammenwirken mit dem Betriebsrat, in Einzelfällen auch nur nach Einschaltung der Tarifvertragsparteien, Kurzarbeit einführen kann. In der Regel werden zumindest die Voraussetzungen der Kurzarbeit, oftmals aber auch die Auswirkungen auf der Vergütungsseite normiert, wonach Arbeitnehmer z. B. ein bestimmtes Mindestentgelt behalten oder der Arbeitgeber zu einem Zuschuss zum Kurzarbeitergeld verpflichtet wird.

Hinweis:

Bestimmungen, die dem Arbeitgeber einseitig die Anordnung von Kurzarbeit erlauben, ohne sonstige, einschränkende Regelungen zu treffen (Voraussetzungen, Umfang, Höchstdauer, etc.) sind nach Ansicht des BAG wegen Verstoßes gegen das Kündigungsschutzrecht unwirksam.

Enthält ein Tarifvertrag Regelungen zur Einführung der Kurzarbeit, kann der Arbeitgeber die Verkürzung der Arbeitszeit nur dann auf die tariflichen Bestimmungen stützen, wenn der Tarifvertrag auch auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist.

Die unmittelbare und zwingende Wirkung eines Tarifvertrages ergibt sich aus einer beidseitigen kongruenten Tarifbindung oder aus der Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages:

  • Die Rechtsnormen eines Tarifvertrages gelten unmittelbar und zwingend zwischen allen beiderseits Tarifgebundenen, wenn das Arbeitsverhältnis in den räumlichen, betrieblichen, persönlichen und zeitlichen Anwendungsbereich des Tarifvertrages fällt. Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien, also der Arbeitgeber, der Mitglied im Arbeitgeberverband ist, und auf Arbeitnehmerseite das Gewerkschaftsmitglied. Für die Anwendung von Kurzarbeitsklauseln im Tarifvertrag als sog. Betriebsnormen genügt es nach h. M., wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist. Auf die Gewerkschaftsmitgliedschaft des Arbeitnehmers kommt es hier nicht an.
  • Unabhängig von einer Tarifbindung erfassen die Rechtsnormen eines Tarifvertrages in seinem Geltungsbereich auch die nichttarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wenn der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wurde.

Den Arbeitsvertragsparteien steht es aufgrund der zivilrechtlichen Vertragsfreiheit frei, auch ohne unmittelbare und zwingende Wirkung des Tarifvertrages, einen Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Hierzu kann der Tarifvertrag im Arbeitsvertrag in Bezug genommen werden.

Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit

Eine wirksame Rechtsgrundlage zur Einführung von Kurzarbeit kann in Betrieben, in denen ein Betriebsrat gewählt wurde, auch die gemeinsame Regelung der Betriebsparteien (Arbeitgeber und Betriebsrat) in Form einer Betriebsvereinbarung darstellen.

Hinweis:

Die Verkürzung der Arbeitszeit nebst Verminderung der Vergütung des Arbeitnehmers setzt eine förmliche Betriebsvereinbarung voraus. Nur sie wirkt unmittelbar und zwingend auf die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer ein.

Die Betriebsvereinbarung bedarf der Schriftform. Sie muss die Unterschriften des Arbeitgebers und des Betriebsrats, in der Regel vertreten durch den Vorsitzenden, auf derselben Urkunde aufweisen.

Nach bisheriger Ansicht der Arbeitsverwaltung liegt keine förmliche Betriebsvereinbarung vor, wenn die Betriebsparteien die Anzeige über den Arbeitsausfall an die Agentur für Arbeit gemeinsam unterzeichnen.

Besteht ein wirksamer Tarifvertrag für den Betrieb des Arbeitgebers, ist bei Abschluss einer Betriebsvereinbarung der sog. Tarifvorbehalt zu beachten. Danach kann der Betriebsrat nur insoweit mitbestimmen, als eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. Die Betriebsvereinbarung muss sich im zulässigen Regelungsbereich des Tarifvertrages halten.

Welchen Inhalt eine Betriebsvereinbarung zur Einführung der Kurzarbeit haben muss, ist gesetzlich nicht geregelt. Allerdings stellen das Bundesarbeitsgericht und einige Landesarbeitsgerichte hohe Anforderungen. Es müsse dort zumindest geregelt sein,

  • der Beginn und die Dauer der Kurzarbeit,
  • die Lage und Verteilung der Arbeitszeit,
  • die Auswahl der von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer oder Abteilungen sowie
  • die Zeiträume, in denen die Arbeit ganz ausfallen soll („Kurzarbeit Null“).

Individualvertragliche Abreden oder Einzelmaßnahmen

Die Einführung von Kurzarbeit mit einer Verringerung der betriebsüblichen Arbeitszeit und Minderung des Arbeitsentgelts kann auch auf Grundlage individualvertraglicher Absprachen zwischen Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer erfolgen. Ab einer gewissen Betriebsgröße ist dies schwierig umzusetzen, da mit jedem Arbeitnehmer eine Einzelfallregelung getroffen werden muss.

Hinweis:

Gilt in einem Betrieb kein Tarifvertrag oder enthält dieser keine Kurzarbeitsklausel und wurde in dem Betrieb auch kein Betriebsrat gewählt, besteht für den Arbeitgeber sogar ausschließlich die Möglichkeit, Kurzarbeit einzuführen

  • durch eine entsprechende Vereinbarung mit den einzelnen Arbeitnehmern (Nachtrag zum Arbeitsvertrag),
  • durch Kündigung der Arbeitsverhältnisse unter gleichzeitigem Angebot neuer Arbeitsverträge mit geänderter Arbeitszeit und angepasster Vergütung (Änderungskündigung) oder
  • unter Inanspruchnahme einer bereits in den Arbeitsverträgen enthaltenen Kurzarbeitsklausel.

Durch einen Nachtrag zum Arbeitsvertrag kann Kurzarbeit eingeführt werden. Der Nachtrag würde die Verkürzung der Arbeitszeit und die daraus resultierende Verringerung des Arbeitsentgelts enthalten.

So wie der Arbeitsvertrag selbst auch, unterliegt ein solcher Nachtrag zum Arbeitsvertrag zur Einführung der Kurzarbeit keiner Formvorschrift, könnte deshalb auch mündlich oder durch konkludente Einigung (durch schlüssiges Verhalten) zustandekommen.

Beispiel:

Der Arbeitgeber kündigt auf einer Mitarbeiterversammlung die Einführung von Kurzarbeit ab dem 01.04. unter Benennung der veränderten (verkürzten) Arbeitszeiten an. Zusätzlich macht der Arbeitgeber einen entsprechenden Aushang am schwarzen Brett und informiert seine Mitarbeiter per Rund-E-Mail.

Der Arbeitnehmer findet sich ab 01.04. (nur) zu den bezeichneten verringerten Arbeitszeiten im Betrieb ein, nimmt widerspruchslos das gekürzte Arbeitsentgelt und das für ihn beantragte Kurzarbeitergeld entgegen.

Für die Verkürzung der Arbeitszeit und die Verringerung des Arbeitsentgelts besteht eine wirksame Rechtsgrundlage aufgrund individueller Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien, die durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen ist.

Hinweis:

Da der Arbeitgeber für die getroffene Vereinbarung zur Kurzarbeit mit dem Arbeitnehmer nachweispflichtig ist und viele Arbeitsverträge (vor allem Musterarbeitsverträge) sog. Schriftformklauseln enthalten, die mündliche Absprachen ausschließen können, sollte ein Nachtrag zum Arbeitsvertrag für die Einführung von Kurzarbeit trotzdem möglichst schriftlich (zumindest durch Unterschriftslisten) abgeschlossen werden.

Ist der Arbeitnehmer nicht bereit, einen Nachtrag zum Arbeitsvertrag zu unterzeichnen, könnte die Verkürzung der Arbeitszeit durch eine Änderungskündigung herbeigeführt werden.

Da auch für die Änderungskündigung ggf. das KSchG anwendbar ist und die individuellen Kündigungsfristen einzuhalten sind, spielt die Änderungskündigung bei Kurzarbeit eine untergeordnete Rolle. Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte allerdings im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eine außerordentliche Änderungskündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, mit dem Ziel, die Einführung von Kurzarbeit zu ermöglichen, im Einzelfall als berechtigt angesehen. Dies dürfte aber auf krisenhafte Situationen beschränkt sein.

In Arbeitsverträgen bereits vorformulierte Kurzarbeitsklauseln, die dem Arbeitgeber die einseitige Anordnung von Kurzarbeit ermöglichen, werden von der Rechtsprechung kritisch gesehen.

Zwingende Mitbestimmung des Betriebsrats

Unabhängig auf Basis welcher Rechtsgrundlage die Einführung der Kurzarbeit erfolgen soll, besteht in Betrieben, in denen ein Betriebsrat gewählt wurde, ein zwingendes Mitbestimmungsrecht.

Hinweis:

Das Mitbestimmungsrecht erstreckt sich auf die Frage, ob, für welchen vorübergehenden Zeitraum, in welchen Bereichen, für welche Arbeitnehmer, in welchem zeitlichen Umfang Kurzarbeit eingeführt und wie die geänderte Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage verteilt werden soll. 

Kommt eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht zustande, entscheidet die sog. Einigungsstelle.

Verstößt der Arbeitgeber gegen das Mitbestimmungsrecht, hat der Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch. Außerdem sind einseitig vom Arbeitgeber getroffene Maßnahmen insoweit unwirksam, als dadurch Ansprüche der Arbeitnehmer vereitelt oder geschmälert werden. Dies gilt auch für einzelvertragliche Vereinbarungen. Die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers.

Beispiel:

Aufgrund eines konjunkturell bedingten Auftragseinbruchs beim Arbeitgeber vereinbart dieser mit seinen Mitarbeitern an der Betriebsstätte in München die Reduzierung der Arbeitszeit in den kommenden zwei Monaten von bisher 40 auf 10 Stunden wöchentlich. Gleichzeitig soll auch die Vergütung um drei Viertel reduziert werden. Alle Arbeitnehmer des Betriebs in München sind einverstanden und unterzeichnen einen Nachtrag zum Arbeitsvertrag.

Der Betriebsrat am Standort München wurde in die Maßnahme nicht einbezogen. Der Arbeitgeber ging davon aus, dass aufgrund der einzelvertraglichen Nachträge zum Arbeitsvertrag eine Mitbestimmung des Betriebsrats nicht bestünde.

Trotz der individuellen Zustimmung sämtlicher Arbeitnehmer ist die Maßnahme, d. h. die Verkürzung der Arbeitszeit und die damit verbundene Verkürzung des Arbeitsentgelts, wegen der Missachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats unwirksam. Bieten die Arbeitnehmer (z. B. nach Aufforderung durch den Betriebsrat) ihre Arbeitsleistung im ursprünglichen Umfang wieder an, behalten sie ab diesem Zeitpunkt ihren vollen Vergütungsanspruch, obwohl sie nur ein Viertel ihrer Arbeitsleistung erbracht haben. Der Arbeitgeber ist zur Nachzahlung der nicht gewährten Vergütung verpflichtet. Sollte durch die zuständige Arbeitsagentur Kurzarbeitergeld gewährt worden sein, würde dieses zurückgefordert.

Gewährung von Kurzarbeitergeld

Die Gewährung von Kurzarbeitergeld durch die Bundesagentur für Arbeit ist in den §§ 95 ff. SGB III geregelt.

Besteht eine wirksame Rechtsgrundlage zur Einführung von Kurzarbeit, reduziert sich das Brutto-Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers entsprechend der verkürzten Arbeitszeit. Das Kurzarbeitergeld soll diese Rechtsfolge für den Arbeitnehmer abfedern und einen teilweisen Ausgleich der Vergütungseinbuße bieten.

Das Kurzarbeitergeld stellt einen Anspruch des Arbeitnehmers dar. Die Anzeige der Kurzarbeit und der Antrag auf Kurzarbeitergeld (Kug) erfolgen aber allein durch den Arbeitgeber. Aufgrund der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht ist der Arbeitgeber hierzu verpflichtet.

Voraussetzungen für die Gewährung von konjunkturellem Kurzarbeitergeld nach § 95 SGB III

Arbeitnehmer haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn

  • ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
  • die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,
  • die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und
  • der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.

Für das konjunkturelle Kurzarbeitergeld darf kein Fall des Saison-Kurzarbeitergeldes vorliegen. Es muss ein Antrag innerhalb der Ausschlussfrist von drei Monaten gestellt worden sein.

Erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall

Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld setzt zunächst das Vorliegen eines erheblichen Arbeitsausfalls mit Entgeltausfall voraus. Ein Entgeltausfall liegt nur dann vor, wenn der Arbeitgeber Kurzarbeit auf Basis einer wirksamen Rechtsgrundlage eingeführt hat.

Nach § 96 SGB III ist ein Arbeitsausfall erheblich, wenn

  • er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht,
  • er vorübergehend ist,
  • er nicht vermeidbar ist und
  • im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Brutto-Entgelts betroffen ist. Bei den Berechnungen sind Auszubildende nicht mitzuzählen.

Gründe für den Arbeitsausfall

Ein Arbeitsausfall ist (nur dann) erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht oder wenn er durch eine Veränderung der betrieblichen Strukturen verursacht wird, die durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung bedingt ist.

Der Begriff „wirtschaftliche Ursachen“ ist umfassend und schließt alle Arbeitsausfälle ein, die auf der wirtschaftlichen Tätigkeit des Betriebes beruhen und sich aus dessen Teilnahme am Wirtschaftsleben ergeben.

Wirtschaftliche Ursachen sind dabei alle Störungen im Wirtschaftskreislauf, insbesondere Konjunkturschwankungen, Auftragsmangel oder Absatzschwierigkeiten.

Auch eine krisenhafte Situation, wie im Zusammenhang mit dem Coronavirus kann zu wirtschaftlichen Ursachen für einen Arbeitsausfall führen, beispielsweise durch die Absage verschiedener Messen und Großveranstaltungen, durch ein eingeschränktes Reiseverhalten oder bei Unterbrechungen der Liefer- oder Absatzketten.

Das Merkmal „wirtschaftliche Gründe“ enthält im Wesentlichen die Abgrenzung zu betriebsspezifischen Gründen, die der allgemeinen Risikosphäre des Arbeitgebers zuzuordnen sind und damit nicht den Bezug von Kurzarbeitergeld rechtfertigen.

Unter einem „unabwendbaren Ereignis“ ist allgemein ein Ereignis zu verstehen, das unter den gegebenen, nach der Besonderheit des Falles zu beurteilenden Umständen auch durch die äußerste, diesen Umständen angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt weder abzuwehren, noch in seinen schädlichen Folgen zu vermeiden ist.

Ein unabwendbares Ereignis liegt insbesondere vor, wenn ein Arbeitsausfall durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten sind, wie etwa bei staatlich angeordneten Geschäftsschließungen aufgrund des Coronavirus.

Ein unabwendbares Ereignis wäre z. B. auch im Falle eines Fabrikbrandes gegeben, der durch einen Blitzschlag verursacht wurde. Entsteht der Brand dagegen, weil z. B. ein Arbeitnehmer beim Schweißen Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten hat, so läge kein unabwendbares Ereignis vor.

Der Arbeitsausfall muss grundsätzlich unmittelbar auf dem unabwendbaren Ereignis beruhen. Eine mittelbare Abhängigkeit genügt nicht.

Beispiel:

Beim Arbeitgeber tritt ein akuter Arbeitsmangel ein, weil dessen größter Kunde aufgrund eines Hochwassers vorübergehend keine Aufträge mehr an den Arbeitgeber erteilt. Das unabwendbare Ereignis beim Kunden stellt kein unmittelbares unabwendbares Ereignis beim Arbeitgeber dar.

Im vorliegenden Fall können aber wirtschaftliche Ursachen vorliegen, wobei zu prüfen wäre, inwieweit diese vermeidbar waren.

Auch ungewöhnliche, von dem üblichen Witterungsverlauf abweichende Witterungsverhältnisse, können ein unabwendbares Ereignis darstellen, wenn sie unter Berücksichtigung der regionalen klimatischen Gegebenheit durch außergewöhnliche, dem üblichen Wetterverlauf nicht entsprechende Witterungsverhältnisse verursacht sind (z. B. lang anhaltender strenger Frost oder Hochwasser).

Ein unabwendbares Ereignis liegt auch vor, wenn ein Arbeitsausfall durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten sind.

Vorübergehender Arbeitsausfall

Ein Arbeitsausfall, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, ist nur dann erheblich, wenn er vorübergehend ist, d. h. wenn sich aus den Gesamtumständen des Einzelfalles ergibt, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit zu rechnen ist. Die Arbeitsverwaltung geht davon aus, dass ein Zeitraum, der
die jeweilige maximale Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes nicht überschreitet, noch als vorübergehend anzusehen ist.

Die vorübergehende Natur des Arbeitsausfalls muss während der gesamten Dauer des Kurzarbeitergeldbezugs gegeben sein. Wird während des Bezugs von Kurzarbeitergeld festgestellt, dass keine Aussicht auf Beendigung der Kurzarbeit (mehr) besteht, so ist die Entscheidung über die Gewährung von Kurzarbeitergeld von diesem Zeitpunkt an aufzuheben.

Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls

Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er nicht vermeidbar ist. Dazu müssen zuvor im Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden sein, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern.

Unterlässt es der Betrieb, geeignete und wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen durchzuführen, die den Arbeitsausfall mit Wahrscheinlichkeit abgewendet hätten, entfällt der Anspruch auf Kug.

Zur Vermeidung des Arbeitsausfalls kommen v. a. in Betracht

  • Arbeit auf Lager, soweit dies räumlich und wirtschaftlich vertretbar ist,
  • rechtzeitige und ausreichende Beschaffung von Rohstoffen oder von Heiz- oder Betriebsstoffen,
  • wirtschaftlich zumutbare Umstellung auf andere Energiequellen oder Transportwege (z. B. Schiene statt Straße) bei Heiz- oder Betriebsstoffmangel und
  • Aufräumungs-, Instandsetzungs- oder Füllarbeiten.

Anzeichen für eine Vermeidbarkeit des Arbeitsausfalls können insbesondere sein, dass 

  • Kurzarbeit eingeführt wird, um eine Vorratsstreckung (z. B. an Rohstoffen) zu erreichen;
  • die Preis- oder Lohnentwicklung abgewartet werden soll;
  • mehrfach von verschiedenen Auftraggebern Lieferungen beanstandet wurden oder Lieferungen nicht termingemäß erfolgen und deshalb Aufträge zurückgezogen oder nicht mehr erteilt worden sind;
  • bei einer Häufung von Feiertagen (z. B. zwischen Weihnachten und Neujahr) wirtschaftliche Unrentabilität (z. B. Anheizen, Anlaufzeiten für die Produktion) umgangen werden soll.

Neben diesen allgemeinen Erwägungen benennt der Gesetzgeber explizit drei Fälle, in denen der Arbeitsausfall vermeidbar ist, und zwar, wenn der Arbeitsausfall

  • überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist oder ausschließlich auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht,
  • durch die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise verhindert werden kann, soweit vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmer der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen, oder
  • durch die Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen ganz oder teilweise vermieden werden kann.

Besteht im Betrieb eine Arbeitszeitflexibilisierung, z. B. wenn im Betrieb Arbeitszeitkonten geführt werden, hat der Arbeitgeber als Voraussetzung für die Gewährung des Kurzarbeitergeldes glaubhaft zu machen und darzulegen, dass alle Möglichkeiten der Flexibilisierung vor Einführung der Kurzarbeit tatsächlich ausgeschöpft wurden. Vorhandene Zeitguthaben müssen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten zunächst reduziert werden. Da das Gesetz aber von „Arbeitszeitschwankungen“ spricht, müssen ggf. zunächst auch Minusstunden aufgebaut werden, wenn eine solche Möglichkeit für das Arbeitsverhältnis vorgesehen ist.

Volumen des Arbeitsausfalls

Ein Arbeitsausfall führt nur dann zum Anspruch auf Kug, wenn eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern im Betrieb vom Ausfall eines bestimmten Arbeitsvolumens betroffen ist. Im jeweiligen Kalendermonat muss mindestens ein Drittel der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Brutto-Entgelts betroffen sein.

Bei der Berechnung der Quote der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ist zunächst die Zahl der Arbeitnehmer festzustellen, die mindestens an einem Tag des Bezugszeitraums (Kalendermonat) die im Betriebsplan vorhandenen Arbeitsplätze besetzen. Auszubildende sind nicht mitzuzählen. Anschließend ist festzustellen, ob mindestens die erforderliche Quote (ein Drittel der beschäftigten Arbeitnehmer) von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Brutto-Arbeitsentgelts betroffen ist.

Hinweis:

Sind die Mindesterfordernisse erfüllt, kann allen Arbeitnehmern des Betriebes in Höhe des jeweiligen Entgeltausfalls Kurzarbeitergeld gewährt werden, und zwar auch dann, wenn im konkreten Fall der Entgeltausfall nicht mehr als 10 % des Brutto-Entgelts beträgt.

Beispiel:

In einem Betrieb mit 30 Arbeitnehmern reduziert sich die Arbeitszeit aufgrund Kurzarbeit bei 12 Mitarbeitern von 40 auf 30 Wochenstunden, bei 3 Arbeitnehmern nur auf 38 Wochenstunden.

Bei einem Drittel der Arbeitnehmer (mindestens 10) reduziert sich die Arbeitszeit um mindestens 10 % (von 40 auf 30 Wochenstunden, ergibt 25 %). Obwohl sich für drei Arbeitnehmer die Arbeitszeit und damit die Bruttomonatsvergütung lediglich um 5 % verringert, können diese ebenfalls Kurzarbeitergeld erhalten.

Betriebliche und persönliche Voraussetzungen

Die betrieblichen Voraussetzungen zum Bezug von Kug sind erfüllt, wenn in dem Betrieb mindestens ein Arbeitnehmer versicherungspflichtig beschäftigt ist.

Die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Kug sind zunächst erfüllt, wenn der Arbeitnehmer nach Beginn des Arbeitsausfalls

  • eine versicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzt,
  • aus zwingenden Gründen aufnimmt oder
  • im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses aufnimmt.

Das „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ räumt auch Leiharbeitern Anspruch auf Kug ein.

Allgemein ist die Sozialversicherungspflicht Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld. Daher sind z. B. geringfügig Beschäftigte, Rentner, Werkstudenten oder beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer vom persönlichen Anwendungsbereich ausgeschlossen.

Das Arbeitsverhältnis darf während des Bezugs von Kug nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst werden. Bei einer Kündigung entfällt das Kurzarbeitergeld am Tag nach dem Zugang der Kündigung. Bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages besteht mit dem Tag der Unterzeichnung kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld mehr.

Endet ein Arbeitsverhältnis während des Bezugs von Kug aufgrund einer Befristung, wird Kurzarbeitergeld (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) bis zum Ende der Befristung gewährt.

Grundsätzlich würden sich die Feststellung eines erheblichen Arbeitsausfalls und die Einstellung neuer, bisher nicht im Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer widersprechen. Dennoch wird (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) Kurzarbeitergeld gewährt, wenn ein Arbeitnehmer nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung aus zwingenden Gründen aufnimmt, etwa wenn der Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher Vorschriften zur Beschäftigung des Arbeitnehmers verpflichtet ist oder wenn es zur Weiterführung des Betriebes unumgänglich notwendig war, eine nicht entbehrliche Fachkraft einzustellen, die aus den Reihen der Belegschaft nicht gewonnen werden konnte.

Kurzarbeitergeld kann bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen auch Arbeitnehmern gewährt werden, die nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses aufnehmen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die versicherungspflichtige (befristete oder unbefristete) Beschäftigung bei dem bisherigen Ausbildungsbetrieb oder einem anderen Arbeitgeber aufgenommen wird.

Die persönlichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt und damit der Bezug von Kug ausgeschlossen, bei Arbeitnehmern

  • während der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme mit Bezug von Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld, wenn diese Leistung nicht für eine neben der Beschäftigung durchgeführte Teilzeitmaßnahme gezahlt wird,
  • während des Bezugs von Krankengeld sowie
  • einem Ausfall von Arbeitseinkünften im Zusammenhang mit einer Organ- oder Stammzellenspende.

Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld ist letztlich auch für solche Personen ausgeschlossen, die bei einer Vermittlung durch die Arbeitsverwaltung nicht in der von der Agentur für Arbeit verlangten und gebotenen Weise mitwirken. Dies gilt auch für vermittelte Weiterbildungsangebote. Die Arbeitsagentur kann in diesen Fällen eine Sperrzeit in Bezug auf das Kurzarbeitergeld anordnen. 

Wirksame Anzeige des Arbeitsausfalls

Der Arbeitsausfall ist bei der Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat, anzuzeigen.

Die Anzeige kann nur vom Arbeitgeber oder der Betriebsvertretung erstattet werden.

Die Anzeige hat schriftlich oder elektronisch zu erfolgen. Nach den Vorgaben der Arbeitsverwaltung genügen auch ein Telefax oder eine eingescannte sowie unterschriebene, per E-Mail übersandte Anzeige der Schriftform.

Wird die Anzeige durch den Arbeitgeber erstattet, ist eine Stellungnahme der Betriebsvertretung (z. B. Betriebsrat) beizufügen.

Mit der Anzeige ist glaubhaft zu machen, dass ein erheblicher Arbeitsausfall besteht und die betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld erfüllt sind.

Das Kurzarbeitergeld wird frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Arbeitsausfälle, die zwar vor dem Eingang der Anzeige bei der Arbeitsagentur, jedoch noch im gleichen Kalendermonat liegen, werden in die Gewährung des Kurzarbeitergeldes einbezogen.

Die zuständige Agentur für Arbeit hat dem Anzeigenden unverzüglich einen schriftlichen Bescheid darüber zu erteilen, ob aufgrund der vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt und die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Bemessung des Kurzarbeitergeldes

Die Berechnung des Kurzarbeitergeldes richtet sich nach §§ 105 und 106 SGB III. Es beträgt 60 % bzw. 67 % der Differenz zwischen dem pauschalierten Netto-Entgelt aus dem Soll-Entgelt und dem pauschalierten Netto-Entgelt aus dem Ist-Entgelt.

Die konkrete Berechnung des Kurzarbeitergeldes erfolgt in fünf Schritten:

  1. Feststellung des Soll-Entgeltes,
  2. Feststellung des Ist-Entgeltes,
  3. Feststellung der Leistungsgruppe und des Leistungssatzes.
  4. Ermittlung der rechnerischen Leistungssätze, die aus den pauschalierten Netto-Entgelten für das Soll-Entgelt und für das Ist-Entgelt nach den Leistungssätzen 1 und 2 errechnet wurden und in der Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes (Kug) abgedruckt sind,
  5. Ermittlung des Unterschiedsbetrages zwischen den aus der Tabelle abgelesenen rechnerischen Leistungssätzen für das Soll-Entgelt und für das Ist-Entgelt. Das Ergebnis stellt das Kurzarbeitergeld dar.

Soll-Entgelt ist das Brutto-Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall in dem Anspruchszeitraum (Kalendermonat) erzielt hätte, vermindert um Entgelt für Mehrarbeit.

Ist-Entgelt ist das Brutto-Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer in dem Anspruchszeitraum tatsächlich erzielt hat, zzgl. aller zustehenden Entgeltanteile. 

Für die Berechnung des Soll-Entgelts und des Ist-Entgelts bleibt einmalig gezahltes Arbeitsentgelt außer Betracht. Das Soll-Entgelt und das Ist-Entgelt sind auf den nächsten durch 20 teilbaren Euro-Betrag zu runden.

Beispiel:

Aufgrund eines erheblichen Arbeitsausfalls wird beim Arbeitgeber Kurzarbeit durchgeführt. Für den Arbeitnehmer A reduziert sich im Juni die Arbeitszeit auf 50 %. Nach seinem Arbeitsvertrag erhält der ledige Arbeitnehmer ohne Kinder eine Bruttomonatsvergütung von 2.998,00 Euro. Aufgrund der Kurzarbeit reduziert sich das Arbeitsentgelt auf 1.499,00 Euro.

Das Brutto-Sollentgelt beträgt 2.998,00 Euro, das Brutto-Istentgelt 1.499,00 Euro. Es gilt Lohnsteuerklasse I (Leistungsgruppe I/IV) und mangels Kinder der Leistungssatz 2 (60 %).

Unter Verwendung der „Tabelle zur Berechnung des Kug“ (Kug 050), ergibt sich bei einer Brutto-Sollvergütung von 2.990,00 Euro bis 3.009,99 Euro ein rechnerischer Leistungssatz von 1.246,75 Euro und für ein Brutto-Istentgelt zwischen 1.490,00 Euro und 1.509,99 Euro von 708,00 Euro.

Die Differenz ergibt das Kurzarbeitergeld von 538,75 Euro.

Die pauschalierten Netto-Entgelte werden durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales jeweils für ein Kalenderjahr in der „Verordnung über die pauschalierten Netto-Entgelte für das Kurzarbeitergeld“ festgelegt.

Für die Berechnung des Soll-Entgelts (und auch des Ist-Entgelts) ist nur das beitragspflichtige Entgelt heranzuziehen, d. h. es ist die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung zu berücksichtigen.

Sachbezüge sind mit dem Wert zu berücksichtigen, der sich aus der Sachbezugsverordnung ergibt.
Umfasst sind die für die Mehrarbeit geleistete Grundvergütung und etwaige Zuschläge.

Hinweis:

Bei der Berechnung des Kug sind zusätzlich einige Sonderregelungen zu beachten, etwa wenn der Arbeitgeber verpflichtet ist, Aufstockungsbeträge zu bezahlen oder der Arbeitnehmer anderweitigen Erwerb hat. Bei der konkreten Berechnung kann der Steuerberater unterstützen.

Anspruchsdauer

Kurzarbeitergeld wird seit 01.01.2016 für eine Dauer von längstens zwölf Monaten von der Agentur für Arbeit geleistet.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung, die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld über die gesetzliche Bezugsdauer hinaus bis zur Dauer von 24 Monaten verlängern, wenn außergewöhnliche Verhältnisse auf dem gesamten Arbeitsmarkt vorliegen.

Nach Ablauf der Bezugsdauer kann Kurzarbeitergeld erneut gewährt werden, wenn seit dem letzten Kalendermonat, für den Kurzarbeitergeld gezahlt worden ist, drei Monate vergangen sind und die Voraussetzungen für den Anspruch auf Kurzarbeitergeld erneut vorliegen.

Wird die Arbeitszeit im Rahmen der Kurzarbeit nicht für den gesamten Betrieb, sondern nur für einzelne Betriebsabteilungen verkürzt, ist die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld für jede betroffene Betriebsabteilung gesondert zu bestimmen.

Antrag auf Gewährung von Kurzarbeitergeld

Die Gewährung von Kurzarbeitergeld setzt einen Antrag des Arbeitgebers voraus. Der Antrag auf Kurzarbeitergeld ist von der Anzeige des Arbeitsausfalls (→Kapitel 3.1.3) zu unterscheiden.

Den Antrag auf Gewährung von Kurzarbeitergeld können nur der Arbeitgeber selbst oder die Betriebsvertretung (z. B. Betriebsrat) stellen. Dem Antrag des Arbeitgebers ist eine Stellungnahme der Betriebsvertretung beizufügen.

Die Gewährung von Kurzarbeitergeld muss bei der zuständigen Arbeitsagentur innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Kalendermonaten einzeln für den jeweiligen Kalendermonat schriftlich beantragt werden.

Hinweis:

Wie die schuldhafte Verletzung der Anzeigepflicht begründet auch die verspätete Antragstellung zur Gewährung des Kug durch den Arbeitgeber einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers.

Als Schadensersatz wird der Arbeitnehmer einen Betrag gegenüber dem Arbeitgeber fordern können, der dem Kurzarbeitergeld entspricht.

Abgelaufene Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld aufgrund der Corona-Pandemie

Der Gesetzgeber hatte im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Sondersituation auf dem Arbeitsmarkt eine Reihe von Erleichterungen beim Zugang zum Kurzarbeitergeld mit Wirkung ab 01.03.2020 geschaffen. Die mehrfach verlängerten Sonderregelungen sind teilweise bereits 2022, spätestens aber zum 30.06.2023 ausgelaufen.

Aufgrund der Erleichterungen konnte z. B. Kurzarbeit im Betrieb bereits dann eingeführt werden, wenn statt einem Drittel nur mindestens 10 % der Beschäftigten mit einem Entgeltausfall von mehr als 10 % ihrer üblichen Vergütung betroffen waren. Außerdem mussten zur Vermeidung eines Arbeitsausfalls keine negativen Arbeitszeitkonten gebildet werden, auch wenn diese Möglichkeit aufgrund der betrieblichen Regelungen bestanden hat. Während der Corona-Pandemie erfolgte eine Verlängerung der Bezugsdauer auf bis zu 28 Monate, eine Erhöhung der Leistungssätze sowie eine Übernahme der grundsätzlich vom Arbeitgeber überwiegend zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge durch die Arbeitsagentur.

Lohnsteuer und Sozialversicherung

Lohnsteuer

Das Kurzarbeitergeld ist nach § 3 Nr. 2 a) EStG steuerfrei. Da das Kurzarbeitergeld aber dem Progressionsvorbehalt unterliegt, muss es in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung gesondert ausgewiesen werden.

Um die für den Arbeitnehmer finanziell nachteiligen Auswirkungen der Kurzarbeit abzumildern, gewähren vor allem Tarifverträge oftmals einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld. Solche Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld sind als Arbeitseinkommen lohnsteuerpflichtig.

Beiträge zur Sozialversicherung

Das Fortbestehen des Versicherungsverhältnisses während des Bezugs von Kurzarbeitergeld wird – unabhängig von der Dauer der ggf. auch vollständigen Arbeitszeitreduzierung – in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung angeordnet.

Wird während der Kurzarbeit normal gearbeitet und damit Arbeitsentgelt erzielt, tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge zur Sozialversicherung nach den normalen Bestimmungen, d. h. grundsätzlich zur Hälfte.

Im Einzelfall sehen tarifliche (seltener auch einzelvertragliche) Bestimmungen einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld oder den Ausgleich der Differenz zwischen dem unter Berücksichtigung des Kurzarbeitergeldes erzielten Netto-Arbeitsentgelt und einem gewissen Prozentsatz (z. B. 80 %) des sonst üblichen Netto-Entgelts vor. Solche Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld zählen nicht zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 % des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nicht übersteigen. Darüber hinausgehende Beträge unterliegen der normalen Beitragspflicht, wie das während der Kurzarbeit für die Arbeit bezahlte Entgelt.

Soweit Kurzarbeitergeld gezahlt wird, sind die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung aus dem „fiktivem Entgelt“ grundsätzlich alleine vom Arbeitgeber zu tragen. Beiträge zur Arbeitslosenversicherung aus dem fiktiven Entgelt sind nicht zu entrichten. Bemessungsgrundlage für die Beiträge aus dem gezahlten Kurzarbeitergeld sind 80 % des Differenzbetrages zwischen dem Brutto-Sollentgelt und dem Brutto-Istentgelt („fiktives Entgelt“).

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