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Grundsteuer – Was ist aktuell zu tun?
Bereits 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass das System der Grundsteuer verfassungswidrig ist. Nachdem der Bund und die Länder ihre Bewertungsregeln veröffentlicht haben, sind alle rund 36 Mio. Grundstücke in Deutschland neu zu bewerten.
Die neue Grundsteuerbewertung wird somit demnächst die Einheitsbewertung ablösen. Auch wenn die Grundsteuer erst ab dem 01.01.2025 auf Basis der neuen Grundsteuerwerte erhoben wird, beginnt die dafür erforderliche Bewertung in Kürze, da der erste Hauptfeststellungszeitpunkt zur Feststellung von Grundsteuerwerten der 01. 01.2022 ist. Alle Grundstückseigentümer (mit Ausnahme einiger öffentlich‐rechtlicher Eigentümer) müssen deshalb zwischen 01. Juli und 31. Oktober 2022 eine Feststellungserklärung beim Finanzamt über das Elster‐Portal der Finanzverwaltung abgeben.
Achtung:
Gibt der Steuerpflichtige die Erklärung nicht ab, drohen Zwangsgelder bis zu 25.000 €! Zum anderen steht den Finanzämtern in diesen Fällen eine Schätzungsbefugnis zu. Diese wird bei Nichtabgabe einer Feststellungserklärung sicher nicht zu Gunsten des Steuerpflichtigen ausfallen. Es kann daher nur geraten werden, der Erklärungspflicht nachzukommen. Gerne unterstützen wir Sie hier natürlich.
Wer muss Feststellungserklärungen einreichen
Wirtschaftliche Einheit | Steuerpflichtige, denen die wirtschaftliche Einheit zuzurechnen sind |
Grundstück ist mit Erbbaurecht belastet | Erbbauberechtigter unter Mithilfe des Erbbauverpflichteten |
Gebäude auf fremden Grund und Boden | Eigentümer des Grund und Bodens unter Mitwirkung des Eigentümers oder wirtschaftlichen Eigentümers des Gebäudes |
Hinweis:
Antworten auf die wichtigsten Fragen zur neuen Grundsteuer‐Regelung stellt das BMF in einem Fragen‐Antwort‐Katalog zur Verfügung. Dieser steht Ihnen unter dem nachfolgenden Link zur Verfügung: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/faq‐die‐neue‐grundsteuer.html.
Wie wird gerechnet?
Wie bisher wird auch bei der neuen Grundsteuer in einem dreistufigen Verfahren mit dem Grundstückswert, der Steuermesszahl und dem Hebesatz gerechnet. Maßgebend für die Ermittlung des Grundstückswerts war bisher der Einheitswert. Dieser wird durch den Grundsteuerwert abgelöst.
Dieser Grundsteuerwert orientiert sich unter anderem am Bodenrichtwert, an der Fläche des Grundstücks, am Alter des Gebäudes sowie daran, ob das Gebäude privat oder betrieblich genutzt wird. Für ein Einfamilienhaus gestaltet sich die Rechnung zum Beispiel folgendermaßen:
Zuerst ermittelt man den jährlichen Rohertrag. Dieser ergibt sich aus der monatlichen Nettokaltmiete unter Berücksichtigung von Zu‐ und Abschlägen aufgrund der Mietniveaustufe. Davon zieht man die Bewirtschaftungskosten ab und erhält so den jährlichen Reinertrag. Darauf wendet man einen Vervielfältiger an, um den kapitalisierten Reinertrag zu erhalten. Dazu addiert man dann noch den abgezinsten Bodenwert und erhält schließlich den Grundsteuerwert.
Hinweis:
Einige Bundesländer (Bayern, Baden‐Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Hamburg) haben hier eigene Modelle entwickelt, welche z.T. von der obigen Systematik abweichen. Bayern bemisst die Grundsteuer bspw. nach einem reinen Flächenmodell. Maßgeblich sind nur die Flächen von Grund und Boden und die Wohn‐/Nutzfläche der Gebäude, jeweils multipliziert mit einer eigenen Äquivalenzzahl.
Informationsschreiben
Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken sollen durch die jeweilige obere Finanzbehörde ihres Bundeslandes im Juni 2022 ein Schreiben mit allgemeinen Hinweisen zur Grundsteuerreform sowie konkreten Angaben zu ihrem jeweiligen Grundstück, für das eine Feststellungserklärung abgegeben werden muss, erhalten.
Was ist zu tun?
Sie sollten schon jetzt alle für die Erklärung benötigten Informationen und Unterlagen prüfen und sammeln.
Diese sind zum Beispiel:
- Gemarkung und Flurstück des Grundvermögens,
- Eigentumsverhältnisse,
- Grundstücksart (unbebaut, Wohngrundstück, andere Bebauung),
- Fläche des Grundstücks,
- bisherige Einheitswertbescheide.
Nehmen Sie bei Fragen rund um die zu bewertende wirtschaftliche Einheit zeitnah Kontakt mit uns auf, wir beraten Sie hier gerne individuell und unterstützen Sie in der Fertigung der Feststellungserklärung.
Gesetzgebung: Zweites Entlastungspaket
Kabinettsbeschluss
Am 27.04.2022 hat die Bundesregierung ein zweites Entlastungspaket beschlossen. Die folgenden Maßnahmen sollen in das Gesetzgebungsverfahren zum Steuerentlastungsgesetz 2022 aufgenommen werden.
Über die weitere Entwicklung bezüglich der Gesetzgebung werden wir Sie informieren.
Energiepreispauschale (EPP)
Allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen soll eine einmalige Energiepreispauschale i. H. v. 300 € ausgezahlt werden.
Die Energiepreispauschale steht zu:
- Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften (Land‐ und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, Selbständige Arbeit) im Rahmen einer Anrechnung auf die Einkommensteuervorauszahlung.
- Arbeitnehmer/innen, die Arbeitslohn aus einem gegenwärtigen Dienstverhältnis beziehen (Steuerklassen I bis V oder geringfügig Beschäftigte). Die Pauschale soll durch den Arbeitgeber ausbezahlt werden, vermutlich im September 2022.
Die Pauschale unterliegt der Einkommensteuer.
Kinderbonus 2022
Wegen der gestiegenen Energiepreise soll ein Kinderbonus gewährt werden. Dazu wird das Kindergeld im Juli 2022 um einen Einmalbetrag in Höhe von 100 € erhöht. Der Kinderbonus 2022 wird automatisch von der zuständigen Familienkasse ausgezahlt.
Energiesteuersenkungsgesetz
Das Bundeskabinett hat am 27.04.2022 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Energiesteuerrechts zur temporären Absenkung der Energiesteuer für Kraftstoffe beschlossen.
Um die Belastungen durch die hohen Kraftstoffpreise zu mindern, sollen die Energiesteuersätze für bestimmte Kraftstoffe befristet für drei Monate abgesenkt werden.
Die Energiesteuer soll wie folgt abgesenkt werden:
- für Benzin reduziert sich der Steuersatz um 29,55 ct/Liter
- für Dieselkraftstoff um 14,04 ct/Liter
- für Erdgas (CNG/LNG) um 4,54 EUR/MWh (entspricht ca. 6,16 ct/kg)
- für Flüssiggas (LPG) um 238,94 EUR/1.000 kg (entspricht ca. 12,66 ct/Liter).
Die Steuersenkung soll vollständig an die Endverbraucher/innen weitergegeben werden.
Über die weitere Entwicklung bezüglich der Gesetzgebung werden wir Sie weiterhin informieren.
Steuerliche Behandlung der Aufwandsentschädigung für Aufnahme Geflüchteter
Die Zahlung einer Aufwandsentschädigung für die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine in der privaten Wohnung führt nicht zu einkommensteuerlich relevanten Einkünften. Dies teilt das Thüringer Finanzministerium in Abstimmung mit den Einkommensteuerreferatsleitern von Bund und Ländern mit.
Voraussetzung ist jedoch, dass die Pauschale nach einer von der zuständigen Behörde vorgenommenen Kalkulation die durchschnittlichen Unterbringungskosten nicht übersteigt. Hierbei seien auch verbrauchsabhängige Kosten, wie Strom, Wasser, Abwasser und Energiekosten zu berücksichtigen.
Der Beschluss gilt zunächst nur für das Jahr 2022.
Gewinnerzielungsabsicht bei kleinen Photovoltaikanlagen
Allgemeines
Mit unserem Mandanten‐Informationsbrief zum Jahreswechsel 2021/2022 hatten wir Sie bereits über die neue Vereinfachungsregelung für kleine Photovoltaikanlagen und kleine Blockheizkraftwerke informiert.
Auf Antrag kann bei bestimmten PV‐Anlagen (Gesamtleistung bis 10 kW) eine Liebhaberei (= fehlende Gewinnerzielungsabsicht) beantragt werden. Hierzu wollen wir weitere interessante Punkte darstellen.
PV‐Anlagen bei Ehegatten
Es kann beim Betrieb mehrerer PV‐Anlagen sinnvoll sein, eine oder mehrere Anlagen auf einen anderen Betreiber zu übertragen oder gleich von Anfang an getrennt zu investieren. Wenn z. B. ein Ehepaar 3 PV‐Anlagen betreiben möchte (in der Summe über 10 kW), dann kommen vor allem folgende Überlegungen in Betracht:
- Ehefrau 1. Anlage
- Ehemann 2. Anlage
- Ehegatten‐GbR 3. Anlage
Wenn bei jeder Anlage die Nennleistung nicht über 10 kW liegt, dann besteht jeweils das Antragsrecht auf Liebhaberei. Wegen der unterschiedlichen steuerlichen Wirkungen bei der Einkommensteuer und Umsatzsteuer muss vorher eine versierte steuerliche Beratung eingeholt werden.
Kindergeld
Das Kindergeld soll ab dem 01.07.2019 monatlich um 10 Euro pro Kind erhöht werden.
Der Kinderfreibetrag soll ab 2019 auf 2.490 Euro und 2020 auf 2.586 Euro erhöht werden (2018: 2.394 Euro).
Für Kindergeldanträge die nach dem 31.12.2017 eingehen wird das Kindergeld rückwirkend nur für sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt in dem der Antrag eingegangen ist.
Volleinspeiseanlagen
Aus den Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums vom 29.10.2021 geht nicht klar hervor, ob für reine Einspeiseanlagen (Volleinspeiseanlagen) das Antragsrecht auf Liebhaberei besteht.
Zwischenzeitlich hat sich die Finanzverwaltung in einer Bund‐Länder‐Besprechung darauf verständigt, dass auch reine Einspeiseanlagen begünstigt sind. Ein tatsächlicher privater Eigenverbrauch ist für das Antragswahlrecht nicht erforderlich.
In den neuen Merkblättern der Finanzverwaltung zur Gewinnerzielungsabsicht bei PV‐Anlagen wird dieses Besprechungsergebnis bereits positiv umgesetzt.
Aufwendungen für PV‐Anlagen als Handwerkerleistung?
Wenn bei einer PV‐Anlage das Wahlrecht zur Liebhaberei ausgeübt wird, dann handelt es sich bei der PV‐Anlage nun um ertragsteuerliches Privatvermögen. Soweit nun Aufwendungen im Zusammenhang mit der Anlage entstehen, stellen diese keine Betriebsausgaben, sondern Privataufwendungen dar. Daher kann die Steuerermäßigung nach § 35a Einkommensteuergesetz (EStG) in Anspruch genommen werden, wenn bezüglich des betreffenden Aufwands alle weiteren Voraussetzungen des § 35a EStG erfüllt sind (z. B. unbare Zahlung).
Erstattung von Parkgebühren an Arbeitnehmer als Arbeitslohn
Die Erstattung von Parkgebühren an Arbeitnehmer führt bei diesen zu Arbeitslohn, wenn die Kosten bereits mit der gesetzlichen Entfernungspauschale abgegolten sind. So entschied aktuell das Niedersächsische Finanzgericht.
Auch wenn die Erstattung von Parkkosten bei fehlenden kostenlosen Parkmöglichkeiten ein pünktliches Erscheinen der Beschäftigten am Arbeitsplatz und damit einen reibungslosen Betriebsablauf begünstigen, erfolgt die Übernahme der Parkkosten dennoch nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, sondern immer auch im Interesse der Arbeitnehmer, die diese Kosten anderenfalls zu tragen hätten.
Kindergeld für ein langfristig erkranktes Kind
Eine Kindergeldgewährung wegen Berufsausbildung ist nicht möglich, wenn Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses wegen einer langfristigen Erkrankung des Kindes unterbleiben. Dieses hat aktuell der BFH für den Fall eines Jungen entschieden, der während seiner Ausbildung einen schweren Unfall mit Schädelbasisbruch und Schädel‐Hirn‐Trauma erlitten hatte und nach dem Krankenhausaufenthalt verschiedene Reha‐Maßnahmen durchlaufen musste, von denen die letzte 17 Monate nach dem Unfall begann.
Eine Unterbrechung der Ausbildung, z. B. wegen einer Erkrankung, sei für den Bezug von Kindergeld zwar grundsätzlich unschädlich. Dies allerdings nur, wenn diese vorübergehend ist. Wird die Erkrankung aber mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauern, kann das Kind nicht mehr wegen seiner Ausbildung berücksichtigt werden.
Letzte Chance zur Anmeldung zu Klagen gegen Münchner und Nürnberger Sparkassen
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) führt aktuell Musterklagen gegen die Stadtsparkasse München und die Sparkasse Nürnberg. Diese hätten nach Ansicht des vzbv die Zinsen in den Sparverträgen „Prämiensparen flexibel“ nicht korrekt angepasst und zahlreiche Verträge unrechtmäßig gekündigt. Sparer haben deshalb Nachberechnungen bei der Verbraucherzentrale Bayern beauftragt. Danach beliefen sich die entgangenen Zinsen durchschnittlich auf rund 4.200 Euro pro Vertrag der Sparkasse Nürnberg und sogar mehr als 4.600 Euro für Verträge der Stadtsparkasse München.
Am 13. Mai 2022 um 9.30 Uhr startet die mündliche Verhandlung der Klage gegen die Sparkasse Nürnberg.
Um 13.30 Uhr geht es mit dem Verfahren gegen die Stadtsparkasse München weiter. Betroffene Prämiensparer können sich noch bis zum 12. Mai 2022 im Klageregister beim Bundesamt für Justiz anmelden. Betroffene können sich hierdurch noch kostenfrei der jeweiligen Musterfeststellungsklage anschließen.
Ist die Abgeltungsteuer verfassungswidrig?
Das Finanzgericht Niedersachsen hält die Abgeltungsteuer für verfassungswidrig. Es hat daher kürzlich beschlossen, hierzu eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.
Die Abgeltungsteuer existiert in Deutschland bereits seit 2009. Danach werden private Kapitaleinkünfte (z.B. Zinsen, Dividenden) lediglich einem Sondersteuersatz i.H.v. 25% unterworfen. Demgegenüber unterliegen Steuerpflichtige mit anderen Einkünften (z.B. aus nichtselbständiger Tätigkeit) einem Steuersatz von bis zu 45 %.
Nach Ansicht der Richter am FG Niedersachsen greifen die bei Einführung der Abgeltungsteuer herangezogenen wesentlichen Rechtfertigungsgründe für die Ungleichbehandlung (-> Verhinderung der Abwanderung von Kapital ins Ausland, Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens) jedenfalls seit 2013 aber nicht mehr. Denn seit dem Inkrafttreten der Abgeltungsteuer hätten sich die Möglichkeiten der Finanzverwaltung, im Ausland befindliches Vermögen zu ermitteln, stark verbessert und die Erwartung einer erheblichen Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens hätten sich nicht erfüllt.
Nun hat also das Bundesverfassungsgericht Gelegenheit, sich zur Frage der Ungleichbehandlung durch die Abgeltungsteuer zu äußern. Mit einer zeitnahen Entscheidung ist jedoch nicht zu rechnen. Vorerst bleibt also erst einmal alles beim Alten.
Weitere Informationen
Die vorstehenden Ausführungen und Beiträge sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand verfasst worden. Es handelt sich nicht um abschließende Informationen und ersetzt keine Beratung. Eine Haftung für den Inhalt dieses Informationsbriefs kann daher nicht übernommen werden.
Gerne beraten wir Sie zu diesen und anderen Themen.
Bitte vereinbaren Sie bei Interesse einen Besprechungstermin. Wir analysieren individuell Ihre persönliche Situation, zeigen Ihnen Vor‐ und Nachteile auf und geben Ihnen Gestaltungsempfehlungen.